St. Francis Mission, Rosebud-Agentur (Süd-Dakota)
Schwester M. Leopoldine aus der Genossenschaft von Heythuizen sendet uns über die Tätigkeit der Schwestern unter den Rothäuten Süd-Dakotas und über den Firmbesuch ihres neuen Bischofs folgenden Bericht:
„In diesem Jahre sind über 200 Zöglinge im Haus, welche die in 4 Klassen eingeteilte Schule besuchen und zur Arbeit angeleitet werden. Arbeiten ist zwar ein hartes Ding für eine Rothaut, doch geht’s mit jedem Jahr besser.
Da seit dem letzten Besuche des allverehrten, unvergesslichen + Bischofs M.Marty O.S.B. unserer Jugend das hl. Sakrament der Firmung nicht mehr gespendet worden war, so kam auf unser Ersuchen der neue hochw. Bischof, Thomas O’Gorman, den Wünschen vieler nach und beehrte von den ihm anvertrauten Indianer-Missionen St. Francis Mission zuerst mit seinem Besuche.
Groß war die Freude, als wir endlich die bestimmte Nachricht erhielten, dass der hochw. Prälat am 22. Mai in Crookston, der uns nächstliegenden Station, eintreffen würde. Vorbereitungen zum Empfang unseres neuen Oberhirten wurden nun in bestmöglicher Weise getroffen und keine Mühe gespart, der St. Francis Mission in jeder Hinsicht ein gutes Ansehen zu verschaffen.
Die Kinder bereiteten sich auf die bevorstehende Firmung durch eine neuntägige Andacht zum Heiligen Geist vor. Jeden Morgen wurde während der heiligen Messe, nachdem ein Lied gesungen war, ein besonderes Gebet zum Heiligen Geist gebetet.
Der Morgen des 22. Mai war endlich angebrochen. Die aufsteigende Sonne wie auch der wolkenlose Himmel verkündeten einen schönen, heiteren Tag. Wohl hundertmal schaute man, soweit das Auge nur reichen konnte, hinaus auf die Prairie, um ein Fuhrwerk zu erspähen. Da, gegen 11 Uhr, sahen wir in der Ferne unseren Wagen rollen. Schnell wurde Alarm geschlagen. Einige unserer Indianerknaben eilten auf ihren Ponys dem hochw. Bischof entgegen, und in dessen Nähe kommend riefen sie ihm das erste ‚Welcome, Bishop‘ zu.
Unterdessen wurde mit unseren zwei großen Glocken geläutet, dass es weithin über die unabsehbare Ebene hinausschalte. Der St. Josephs-Männerverein und der St. Marien-Frauenverein sowie die Kinder, Patres, Brüder, Schwestern und sonstige Insassen der Mission zogen dem hochw. Prälaten in Prozession entgegen. Einen sonderbaren Eindruck müssen unsere rotbraunen Frauen mit ihren hellblauen Schleiern, die von den Vereinsmitgliedern getragen werden, gemacht haben.
‚Es gehöre sich,‘ sagte ein alter Indianer, ‚dass wir beim Abholen des Bischofs eines unserer Dakota-Lieder singen.‘ Gesagt, getan. Echte Sioux erhoben ihre Stimmen, und die hochfliegenden Töne, die gar oft daneben schlugen, erfüllten die Luft. Jetzt kam der Zug bis zum Eingang der Kirche. Beim Eintreten musste gewiss das prachtvolle Doppelschild, welches auf der einen Seite die Worte: ‚Ecce Sacerdos magnus‘ und auf der anderen Seite ‚Veni, Sancte Spiritus‘ trug, auffallen. Es wurde extra für diese Gelegenheit gemacht. Unsere Kathedrale, wie sie hier genannt wird, die zweitgrößte in seiner Diözese, wie der hochw. Bischof sagte, prangte in ihrem besten Festschmuck.
Als der hochw. Bischof den mittleren Gang hinaufschritt, wurde vom Chor das vierstimmige ‚Ecce Sacerdos‘ von Rampert gesungen. Darauf erteilte der hochw. Herr vom Hochaltar aus seiner anwesenden Herde zum ersten Mal in feierlicher Weise seinen Segen. In rührenden Worten dankte er für den herzlichen Empfang, der ihm zu teil geworden. Von der Kirche ging es in die Halle, wo die Kinder ein Willkommenslied sangen, worauf von einem Knaben eine passende Adresse und von einem Mädchen ein Festgruß vorgetragen wurde. Wiederum dankte der hochw. Bischof in väterlicher Weise seinen Kindern und spendete denselben nochmals seinen Segen, indem er betonte, derselbe sei diesmal besonders für sie.
Nach einer dreistündigen Pause für Mittagsmahl und Erholung wurde der hochw. Bischof eingeladen, die verschiedenen Räumlichkeiten sowie auch die Schul- und Handarbeiten der Kinder zu besichtigen. ‚Lead on!‘ (Voran!) war die Antwort, und nun ging es von einem Zimmer in das andere, von einem Gebäude zum anderen. Es braucht schon geraume Zeit, die 16 verschiedenen Bauten in Augenschein zu nehmen, aber alles wurde mit Interesse besichtigt und angehört.
Am Abend versammelten sich die Bewohner um ihren Lieblingsplatz, die Grotte der Mutter Gottes, die, von hundert Kerzen und den Fackeln der Knaben beleuchtet, ein herrliches Aussehen gewann.
Als nun P. Perrig S.J. mit seiner aus Indianerknaben bestehenden Musikkapelle ankam, wurde ein Muttergotteslied angestimmt, und laut schallten die Stimmen zur Himmelskönigin empor, die ohne Zweifel mit mildreichem Auge auf die ihr geweihte Schar niedersah. Auch unser guter Oberhirte war tief gerührt. Er kam zu uns heraus und sagte, diese Szene erinnere ihn an seinen Besuch in Lourdes, wo er selbst Augenzeuge dreier Wunder gewesen sei. Dann erzählte er, wie er selbst einen Mann, dem die eine Seite des Körpers ganz gelähmt war, dreimal in das heilbringende Bad getaucht, und wie derselbe beim dritten Mal völlig geheilt herausgekommen, die Krücken niedergelegt und der lieben Mutter Gottes seinen Dank abgestattet habe.
Zum Schluss ermunterte er alle Anwesenden, der lieben Mutter Gottes recht großes Vertrauenentgegenzubringen, da sie dieselbe Macht, die sie Frankreich gezeigt, auch hier in Dakota auf der weiten Prärie besitze.
Nun war es Sonntag geworden. Nach dem feierlichen Hochamt und der hinreißenden Predigt des hochw. Prälaten wurde 84 Kindern das heilige Sakrament der Firmung gespendet. Die Erwachsenen werden im kommenden Juli gefirmt, weil dann der hochw. Bischof wiederkommen wird, um dem Kongress der Indianer beizuwohnen. Nachmittags wurde unser nun nicht mehr fremder hochw. Bischof in ein für ihn extra errichtetes Zelt geleitet, von wo aus er dem Baseballspiel der Knaben zusehen konnte.
Nach kurzem Aufenthalte begab man sich zum Versammlungslokal der alten Indianer, wo wie gewöhnlich Reden gehalten und diese und jene Anliegen vorgebracht wurden. Gegen 5 Uhr waren wieder alle in unserer Spielhalle versammelt, wo die Kinder zu Ehren des hohen Kirchenfürsten eine rechte hübsche Unterhaltung gaben. Am darauffolgenden Tag verließ uns unser guter Bischof wieder. Er wird sich gewiss noch oft eines ersten Besuches in einer Indianer-Mission erinnern, und wir hoffen, ihn noch recht oft in unserer Mitte zu sehen.“
(Aus: die katholischen Missionen, 1897)