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Große Missionsbischöfe: der heiligmäßige Patriarch – Msgr. Vincenzo Bracco, lateinischer Patriarch von Jerusalem

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Ein schmerzlicher Verlust traf die Kirche des heiligen Landes durch den Tod ihres heiligmäßigen, hochverehrten Patriarchen, Msgr. Vincenzo Bracco, der am heiligen Fronleichnamsfest in Jerusalem nach kurzem Krankenlager seine Reise zum himmlischen Jerusalem antrat.


 Geboren am 15. September 1835 zu Torazzo in der Diözese Albenga am Meerbusen von Genua, machte Vincenzo seine Studien in dem von den Lazaristen geleiteten Kolleg der auswärtigen Missionen zu Genua, wurde 1859 Priester und begab sich bereits im folgenden Jahre in die Mission des heiligen Landes. Msgr. Valerga, Der tatkräftige Patriarch von Jerusalem, lernte als scharfblickender Menschenkenner sehr bald die gründliche wissenschaftliche Bildung und die Tugend des stillen, bescheidenen Priesters schätzen, berief ihn zunächst als Professor der Theologie an sein Seminar zu Beitschale bei Betlehem und ernannte ihn zwei Jahre später zum Regens des Seminars und zum Kanonikus an der Kirche des heiligen Grabes.


Da der Patriarch in seiner Eigenschaft als Apostolischer Delegat des hohen Libanons oft längere Zeit von Jerusalem entfernt sein musste, erbat er sich von der Propaganda einen Weihbischof und schlug als solchen seinen erprobten Seminarregens Don Vincenzo vor, der dann auch am 13. Mai 1866 als Titularbischof von Magida in der heiligen Grabkirche die Bischofsweihe empfing. Seit Jahrhunderten hatte die heilige Stadt keine solche Feier mehr gesehen.


Tatkräftig nahm der neue Weihbischof an den vielen Unternehmungen des energischen Patriarchen seinen Anteil. So ist die endliche Vollendung der schönen, dem Namen Jesu geweihten Kathedrale (11. Februar 1872) zum guten Teil auch sein Verdienst; desgleichen der Triumph, den die Kirche Jerusalems im selben Jahr feierte, indem seit undenklichen Zeiten zum ersten Mal wieder einmal das heiligste Sakrament in feierlicher Fronleichnamsprozession durch die Straßen getragen wurde, die Christus der Herr einst so oft durchwandelte.


Am 21. März 1873 bestieg Msgr. Bracco den verwaisten Patriarchenstuhl von Jerusalem und setzte nun volle 16 Jahre hindurch das Werk seines großen Vorgängers mit ebenso viel Festigkeit als herzgewinnender Milde fort. Eine Reihe neuer Missionsstationen wurde durch ihn ins Leben gerufen und namentlich auch das Ostjordanland, mehr als bisher geschehen war, in den Kreis der Missionstätigkeit hineingezogen. Bei dem großen Interesse, das die deutschen Katholiken dem Werk im Heiligen Land und den ausschließlich ihm dienenden Zeitschriften entgegenbringen, ist es kaum nötig, die Geschichte der letzten Jahre, die mit der Wirksamkeit des letzten Patriarchen zusammenfällt, hier ausführlicher zu wiederholen.


Msgr. Bracco wurde nicht bloß von seinem Klerus und Volk und von den zahlreichen Fremden, die jährlich in den Mauern der heiligen Stadt zusammenströmen, sondern selbst von den Schismatikern und Ungläubigen wie ein Heiliger verehrt. Dies beweist auch die innige Teilnahme, die sich von allen Seiten zu erkennen gab, als die unerwartete Trauerkunde von seiner schweren Erkrankung sich verbreitete. Schon seit längerer Zeit fühlte Msgr. Bracco seine Kräfte schwinden.


Als er am 6. Juni der sakramentalen Segensandacht in der Pfingstnovene beiwohnte, bekam er heftige Seitenschmerzen und musste sich fieberkrank zu Bett legen. Die Krankheit, eine schwere Lungenentzündung, die bereits am 14. von vier Ärzten als hoffnungslos bezeichnet wurde, machte rasche Fortschritte. Am 13. Juni wurden dreitägige öffentliche Gebete in der heiligen Stadt und in den benachbarten Pfarreien angeordnet. Man setzte den Patriarchen von seinem Zustand in Kenntnis; sofort verlangte er nach der heiligen Wegzehrung und der letzten Ölung, die er mit inniger Andacht und voller Hingebung in Gottes Willen empfing, zu außerordentlicher Erbauung der Anwesenden, die in Tränen zerflossen. 
Gleichzeitig telegraphierte man nach Rom, um den Segen des Heiligen Vaters für den Sterbenden zu erbitten. 

Als in Jerusalem und den umliegenden Dörfern der Zustand des Patriarchen bekannt wurde, war die Trauer eine allgemeine, nicht bloß bei den Katholiken, sondern auch bei den Schismatikern. Alles betete inbrünstig zu Gott um Erhaltung seines Lebens. Viele Personen machten Gelübde, um von Gott die Verlängerung dieses teuren Lebens zu erflehen; einige boten Gott sogar ihr eigenes Leben zum Ersatz an. Ein griechisch-schismatischer Christ sagte: „Mein ganzes Vermögen besteht aus nur 400 Fr., mit denen ich mich und meine Familie unterhalte; aber gerne würde ich alles für das Leben des lateinischen Patriarchen drangeben.“ Doch Gott dem Herr gefiel es nicht, diese Bitte zu erhören.


Gegen Abend des 18., als die Vorzeichen der baldigen Auflösung sich einstellten, berief der Patriarch seinen Generalvikar Msgr. Pasquale Appodia, und sagte ihm, dass er aus ganzem Herzen seinen Klerus und seine Herde segne. Darauf wünschte er, die Missionäre und Priester, die sich im Patriarchalgebäude befanden, noch einmal zu sehen. „Monsignore“, rief der Generalvikar tief ergriffen, als alle um das Sterbelager knieten, „hier sind ihre Priester; es sind nicht alle hier, aber bitte, segnen Sie alle, auch die abwesenden, segnen Sie die ganze Diözese.“ Er erwiderte, indem er mit der Hand ein Zeichen gab: „Kommen Sie näher zu meinem Bette. – Vor allem…will ich Ihnen…etwas sagen. Ich muss Sie…um Verzeihung bitten für meine Fehler…in Worten und Werken.“ Unter Tränen versetzte der Generalvikar: „Nein, Monsignore, wir müssen um Verzeihung bitten. Sie waren uns immer ein Vater.“ – „Nein,“ fuhr der Patriarch fort, „lassen Sie mich…sprechen…ich habe bemerkt, dass ich mehr Fehler habe, als die anderen…ich bitte Sie um Verzeihung.“ Dann erhob er seine Hand und segnete uns, und wir weinten und schluchzten und küssten seine Hände. Darauf kamen die Seminaristen. „Monsignore,“ sprach der Regens, „hier sind die Seminaristen und bitten um Ihren letzten Segen.“ Er war tieferschüttert und sagte: „Gute…Kinder“, und segnete sie zu wiederholten Malen, und sie kamen einzeln heran und küssten schluchzend seine Hand. Auch eine Deputation katholischer Männer aus Jerusalem erschien, um noch einmal die Hand zu küssen, die so viel Segen gespendet; schließlich die Dienerschaft, ganz aufgelöst in Schmerz und Trauer.


Die entscheidende Stunde kam näher. Gegen 3.45 Uhr rief der Sterbende mit großer Aufregung: „Betet, ich werde versucht.“ Alle Anwesenden fielen auf die Knie. Gleich wurde der Kranke wieder ruhig und gab, während die ihn umgebenden Priester das Profiscere beteten, sanft und friedlich seinen Geist auf. Es war am hochheiligen Fronleichnamsfest, zu dessen würdiger Feier in der heiligen Stadt er so vieles beigetragen.


Die Kunde von seinem Hinscheiden rief in der heiligen Stadt und Umgebung eine tiefe Bewegung und Teilnahme in allen Schichten der Bevölkerung hervor. Der Zudrang zu der im Patriarchalpalast ausgestellten Leiche und zu dem feierlichen Pontifikalrequiem war ein außerordentlicher. 

Es zeigte sich hier so recht, welch unwiderstehliche Macht das Beispiel seines heiligen Priesterlebens, seine alle gleichmäßig umfassende Hirtentreue und seine väterliche Güte auf die Herzen selbst der ungläubigen Moslems ausgeübt. Katholiken und Schismatiker aller Riten, Protestanten, Mohammedaner und Juden, alles strömte den ganzen Tag bis zum Abend herbei, küsste die Hand des Dahingeschiedenen, nannte ihn einen Heiligen. Rosenkränze wurden an seinem Haupt angerührt. 
Ein griechisch-schismatischer Mönch legte sogar Weihrauch zu den Füßen der Leiche nieder. Es war ein gemeinsamer Trauertag für ganz Jerusalem. Währen der Nacht wurde die sterbliche Hülle Msgr. Vincenzo Braccos in der Kapelle des hl. Joseph, dem Grab Msgr. Valergas gegenüber, beigesetzt. R.I.P.



(Aus: die katholischen Missionen, 1890)


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