Das Wappen von Msgr. Ropert in der Kathedrale von Honolulu (Quelle: Aloysius Patacsil) |
Ein solcher war auch der Apostol. Vikar der Hawai’i-Inseln, Msgr. Gulstan Ropert aus der Picpuskongregation. (Dieser Satz bezieht sich auf den vorgehenden letzten Satz aus dem Nachruf aufMsgr. Clut.)
Seine Wiege stand in Kersago auf der Halbinsel Rhuys an der bretonischen Küste. Als Sohn eines auf dem Meere ergrauten Seemanns, der sein eigenes Schiff schon mehr als einmal um die Welt geführt, ward auch der junge Gulstan für die See bestimmt und bei einem Onkel, gleichfalls Schiffskapitän, in die Lehre gegeben. In kurzer Zeit hatte es der geweckte Bursche vom Schiffsjungen zum Schiemann gebracht. Auf einer Fahrt durch den verrufenen Meerbusen von Biskaya lief bei einem Sturm das Schiff Gefahr, an der spanischen Küste zu stranden. In der Not machte der fromme Bretone zur Landespatronin, der hl. Anna, das Gelöbnis, wenn er heil davon komme, in einen Orden zu treten. Das Schiff gelangte glücklich in einen französischen Hafen, und ohne Verzug suchte Ropert zunächst das Priesterseminar und dann bald darauf das Noviziat der Picpusgenossenschaft auf.
Als neugeweihter Priester nach den Sandwichinseln (Hawai’i) entsandt, war er hier zuerst in Kohala der Genosse P. Damians. „Fünf Jahre lang lebte ich mit ihm zusammen, und teilten wir brüderlich Freud und Leid, bis er 1872 sich den Aussätzigen weihte. Als ich ihn später wieder sah, war er bereits mit dem Aussatz gezeichnet.“ Nach 24-jähriger unermüdlicher Missionstätigkeit wurde Ropert 1892 Provinzial der Mission und folgte noch im selben Jahr dem verstorbenen Bischof Koeckemann in der Leitung des Vikariats.
Die hohe Verehrung und Freundschaft, welche die Königin Lilinokalani dem deutschen Vorgänger entgegengebracht, übertrug sich auch auf Ropert. Leider folgten schon bald die politischen Stürme, welche die Erbin des eingeborenen alten Königshauses vom Thron verdrängten und das Inselreich in eine Republik und bald darauf in eine Kolonie der Vereinigten Staaten verwandelte.
Bischof Ropert hielt sich von allen politischen Treibereien fern und verstand es, das Missionsschifflein durch die Klippen der veränderten und zum Teil recht schwierigen Verhältnisse sicher hindurch zu steuern. Das starke Zuströmen fremdländischer Elemente: Chinesen, Japaner, Puerto-Ricaner, Portugiesen, und das dadurch entstandene Sprachgemisch erschwerte die Seelsorge nicht wenig. Ropert, der selbst neben seiner Muttersprache das Englische, Portugiesische und die Eingeborenensprache beherrschte, ließ für die Portugiesen Priester ihrer Sprache kommen und bildete für die Ankömmlinge eigene Missionäre aus.
Das Mischmasch von Religionen und Sekten, zumal in Honolulu, brachte die Gefahr religiöser Gleichgültigkeit und Verflachung auch für die dortigen Katholiken mit sich. Ropert berief aus Amerika einige Jesuiten, treffliche Kanzelredner und Missionäre, um durch eine große Volksmission das Gewissen der Katholiken zu schärfen, und namentlich vor dem Anschluss an die geheimen Gesellschaften zu warnen. Mit gleicher Entschiedenheit trat er dem Unfug der Leichenverbrennung und gewissen, dem katholischen Kirchengesetz widerstreitenden Zumutungen der Regierung entgegen. Besondere Liebe zeigte er den armen Aussätzigen von Molokai, die er sehr oft besuchte und deren hartes Geschick er in jeder Weise zu lindern suchte.
Leider traten schon seit Jahren die Anzeichen der schlimmen Krankheit (Magenkrebs) auf, die seinem Leben noch vor der Zeit ein Ende bereiten sollte und ihn am 4. Januar in seiner Bischofsstadt Honolulu hinwegraffte. Sein glänzendes Leichenbegängnis gestaltete sich zu einer Kundgebung nationaler Trauer. Die Gerichtshöfe feierten (das heißt wohl, dass sie geschlossen hatten), die Magazine waren geschlossen. Die ganze Bevölkerung Honolulus ohne Unterschied des Bekenntnisses zeigte aufrichte Teilnahme über den Tod eines Mannes, dem die Eingeborenen den ehrenden Namen „Vater Güte“ (father goodness) beigelegt hatten. Das Geheimnis dieser allgemeinen Liebe und Verehrung deutete der französische Konsul Vizzavona in seiner Trauerrede am offenen Grabe, indem er an den Wahlspruch des Hingeschiedenen erinnerte: „Alles für die anderen, nichts für sich selbst“ - gewiss die schönste Grabschrift, die man einem Missionsbischof setzen kann.
(Aus: die katholischen Missionen, 1904)