Der Pallottinermissionar und Missionsbischof Heinrich Vieter, der den Lesern dieses Blogs wohl bekannt ist, musste in Deutschland große Sammelreisen für seine Mission unternehmen. Es kam vor, dass die Reaktion von Seiten des Klerus sehr befremdlich war. Nachfolgende Episoden erinnern mich in gewisser Weise an ein Gespräch, das ich jüngst mit einem jungen „traditionellen“ Priester hatte.
Auf einer seiner Reisen im Jahr 1910 musste Msgr. Vieter nahe Würzburg im Pfarrhaus übernachten. Der Pfarrer war nicht da und der Kaplan eröffnete ihm gleich, dass er es nicht mit den auswärtigen Missionen halte, es gäbe genug daheim zu tun. Der Bischof fragte ihn dann, was er denn vom Heilandswort „Lehret alle Völker“ halte. Der Kaplan blieb die Antwort schuldig. Dann viel das Gespräch auf den bischöflichen Talar von Msgr. Vieter. Der Kaplan habe schon amerikanische Bischöfe gesehen, die nicht im Talar reisten, worauf Bischof Vieter erwiderte, er habe schon Männer und Frauen ohne Kleider gesehen (wohl eine Anspielung auf Kamerun). Danach war das Gespräch beendet.
Bei einer anderen Gelegenheit kam Msgr. Vieter in den Sprengel eines wenig missionsbegeisterten Bischofs. Dieser schickte ihn mit einem Pfarrer zu einer Wallfahrtskirche zum Kollektieren. Auf dem Weg eröffnete ihm der Pfarrer, dass weder er noch sein Bischof es in erster Linie mit den Missionen hielten, sondern mit dem Bonifatiusverein.
Vor Ort sollte Vieter dann noch in einem Waisenheim predigen, wo er den Kindern die Zustände in Kamerun schilderte und sagte, im Hinterland lebten noch Menschenfresser. Auf dem Rückweg sagte der Pfarrer, diese Geschichte sei doch nicht wahr. Dazu schrieb Msgr. Vieter in seinen Aufzeichnungen, der Pfarrer nehme wohl lieber an, ein Bischof lüge, als dass er glaubt, dass es solche Gräuel tatsächlich gibt und offenbare damit noch seine Unkenntnis über die Lage in den Heidenländern.
(Quelle: Die Jugend ist unsere Zukunft: Chronik der katholischen Mission Kamerun 1890–1913)