Am 6. August [1889] ging zu Amirante, einem Dörflein bei Neapel, Se. Eminenz Kardinal Guglielmo Massaia O.F.M. Cap. zur ewigen Ruhe ein, im 81. Jahre seines Alters und im 44. seines Episkopates.
Geboren zu Piovà in der Diözese Asti (Piemont), am 8. Juli 1809, trat Guglielmo Massaia bereits als Jüngling von 17 Jahren zu Turin in den Orden der Kapuziner ein. Zum Priester geweiht, lehrte er mehrere Jahre Philosophie und Theologie in den Ordenshäusern von Moncalieri und Turin. In letzterer Stadt lernten ihn zwei Prinzen aus dem Hause Savoyen, Victor Emanuel und dessen Bruder Ferdinand, Herzog von Genua, kennen und wählten ihn zu ihrem zeitweiligen Gewissensführer. Wiederholt wurde der junge Ordensmann von der piemontesischen Regierung auf die Bischofsliste gesetzt, schlug aber beharrlich diese Würde aus.
Im Jahr 1849 hatte der französische Reisende M. d’Abbadie die Aufmerksamkeit der Propaganda Fide auf die Gallasländer, südlich von Abessinien, hingelenkt, welche, einst blühende Stätten christlichen Lebens, jetzt aus dem Gesichtskreis Europas fast verschwunden waren.
Durch Dekret vom 30. April 1846 errichtete Gregor XVI. das neue Apostol. Vikariat der Gallasländer. Dasselbe wurde der italienischen Kapuzinerprovinz anvertraut, P. Massaia zum ersten Apostol. Vikar ernannt und am 4. Mai zum Bischof von Cassia i. p. i. konsekriert.
Es würde uns zu weit führen, die Schwierigkeiten dieser Mission durch Schilderung der unsäglich traurigen politischen und religiösen Verhältnisse dieser Länder des Näheren nachzuweisen. Vier Jahre lang versuchte der neue Apost. Vikar umsonst, in sein Missionsgebiet einzudringen. In der Zwischenzeit gründete er die zwei Kapuzinermissionen in Aden und auf den Seychellen, kehrte 1850 nach Europa zurück, um in Lyon und Paris von dem Verein der Glaubensverbreitung die nötige Unterstützung sich zu sichern, und machte einen zweiten vergeblichen Versuch, in die Gallasländer einzudringen, indem er den Nil bis Fasoglo hinauf fuhr.
Im Jahr 1852 versuchte Massaia, als Kaufmann verkleidet, durch Abessinien sich durchzuschleichen, wo der Negus Theodor, durch seine schismatischen Abuna [Bischöfe] aufgestachelt, auf den Kopf des katholischen Bischofs einen Preis gesetzt hatte. Glücklich entrann der mutige Missionär den Häschern und es gelang ihm, in der Provinz Gudru festen Fuß zu fassen. Hier entwickelte er nun trotz beständiger Verfolgung und den härtesten Entbehrungen eine rastlose Tätigkeit. Bis 1855 entstanden fünf blühende Gemeinden.
„Statt auf dem hohen Katheder der Philosophie und Theologie“, schrieb er am 14. Juli 1856, „sitze ich hier inmitten meiner kleinen Knaben und lehren sie buchstabieren. Dabei treibe ich alle möglichen Handwerke und bin zur selben Zeit Buchdrucker, Schneider, Bildhauer, Arzt, ja selbst Schuster usw.“
Von Gudru dehnte er seine Wirksamkeit über die Nachbarländer aus. Auch von dem König von Kassa erhielt er einen Ruf, wurde aber von dem argwöhnischen und treulosen Kleinfürsten in Ketten nach Gingire abgeführt und wäre hier verschmachtet, wenn nicht der Negus von Enarea, in dessen Gebiet er sich behufs Gründung einer Mission vorübergehend aufgehalten, sich seiner angenommen hätte.
Die beständigen Hetzereien, die ermüdenden, gefahrvollen Reisen durch die heißen, ungesunden Landstriche hatten seine Kraft gebrochen. P. Coccino, einer seiner ersten Begleiter, musste als Koadjutor einen Teil der Last ihm abnehmen. Kaum von seiner Krankheit genesen, trat er eine neue Reise nach Rom an. Um nicht in die Hände des Königs Theodor zu fallen, der ihm seit Jahren nach dem Leben trachtete, durchwanderte er als Bettler verkleidet zur Nachtzeit das Land, wurde aber diesmal aufgegriffen und ins Gefängnis geworfen. Drei Monate lang hatte er hier Unsägliches auszustehen, bis er durch die kräftige Vermittlung des französischen Konsuls die Freiheit wiedergewann. Während seines zeitweiligen Aufenthalts in Europa gab er unter anderem eine Grammatik der Amhara-Gallasprache heraus, die 1867 zu Paris im Druck erschien.
(Aus: die katholischen Missionen, 1890)
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