Unsere Liebe Frau von Guadalupe ist die Schutzpatronin von Mexiko, und ihr Fest wird alljährlich am 12. Dezember feierlich begangen; aus allen Teilen des großen Landes strömen die Pilger zum Heiligtum.
Aber für dieses Jahr [1926] hatte die Regierung des Tyrannen Calles alles getan, um die Feier unmöglich zu machen; ein ganzes Heer von Soldaten war in und um Guadalupe zusammengezogen worden, um Furcht einzuflößen. Nun aber war die Menge und die Andacht der Pilger gerade dieses Mal eindrucksvoller als in den vergangenen Jahren; gegen 200.000 Gläubige aus allen Teile, viele Stunden und Tagereisen weit kamen sie, auch die katholischen Indianer aus ihren entfernten Wäldern. Um allen Zutritt zum Heiligtum zu gewähren, durften die einzelnen Pilger nur kurze Zeit im Heiligtum bleiben und mussten den Nachkommenden Platz machen.
Aber die Feier trug den Stempel der Verfolgung: Kein Bischof, kein Priester konnte teilnehmen, kein Gottesdienst, kein Sakrament wurde gespendet; schmachten ja Bischöfe und Priester im Gefängnis oder sind vertrieben. Die Pilger wurden nach Waffen durchsucht; es wäre ja der Regierung nur wünschenswert gewesen, wenn sie Anlass gehabt hätte, ein Blutbad unter den Pilgern anzurichten. Aber die Pilger waren zum Beten gekommen, selbst die Soldaten fühlten sich als Söhne des katholischen Landes und nahmen Anteil an der Andacht des Volkes. Aus der Hauptstadt waren zahlreiche Frauen zum Heiligtum gepilgert, mehr als je zuvor.
Die Verfolgung hat das Bekenntnis des Glaubens zu den Füßen Marias eindrucksvoller gestaltet – wieder ein Beweis, dass die Verfolgung wirkungslos ist bei einem Volk, das seinen Glauben als sein höchstes Gut zu schätzen weiß.
(Quelle: Seraphisches Weltapostolat des hl. Franz von Assisi, 1927)