Für Christus und die wahre Kirche verfolgt: P. Isaias Papadopulos |
Vielleicht wissen die Leser schon aus der der Tagespresse, wie sich das Drama von Peramos, dessen einzelne Akte wir ihnen vorgeführt haben, weiter entwickelt hat. Doch geht der folgende, uns von P. Theophistos selbst übermittelte Bericht weit über die kurzen Pressenotizen hinaus.
(die Erlebnisse von P. Theophistos auf Peramos werden oft durch seine eigenen Tagebucheinträge in den „katholischen Missionen“ geschildert, sie haben aber einige Längen und eignen sich daher nicht so gut für Posts. Es soll hier reichen, zu sagen, dass P. Theophistos in heroischer Selbstverleugnung und unter größten Opfern mehr als ein Jahrzehnt für die Vereinigung der griechischen Schismatiker in Peramos, dem heutigen Karşıyaka in der Türkei, gekämpft hat. Dabei stoß er von Seiten des schismatischen Klerus und einiger fanatischer schismatischer Laien auf heftigsten Widerstand.)
Wie man sich erinnern wird, hatte P. Theophistos am 2. August 1908, dem Zwang der Verhältnisse weichend, Peramos zeitweise verlassen und wartete nach seiner Europareise in Konstantinopel den günstigen Augenblick ab, um auf seinen Posten wieder zurückzukehren. Aber alle Bemühungen scheiterten.
„Nun meinte der Apostol. Delegat, es sei vielleicht ratsam, für die so heikle und schwierige Aufgabe einen Priester auszuwählen, der Untertan des osmanischen Reichs wäre und als solcher den türkischen Beamten und den schismatischen Griechen in Peramos gegenüber einen günstigeren Standpunkt hätte.
Die Wahl fiel auf P. Isaias Papadopulos. Nach langen Bemühungen gelang es ihm auch wirklich, von den türkischen Behörden die Erlaubnis zur Einschiffung zu erhalten. Se. Exzellenz Hilmi Pascha, damals Großwesir, stellte ein Schriftstück aus, das dem katholischen Priester P. Isaias Papadopulos ausdrücklich das Recht, sich in Peramos niederzulassen, gewährte. Ich sollte ihm, so war ausgemacht, bald nachher folgen, sobald die ersten Schwierigkeiten in Peramos überwunden wären. Was geschah, erfahren Sie aus folgendem Bericht, den ich eigens für Ihre Leser zusammengestellt habe…
Am Ostertag 1909 reiste P. Papadopulos nach Brussa und von dort nach Panderma ab, um dem dortigen Wali und Kaimakam (Regierungspräsident oder Landrat) die Erklärung des Großwesirs mitzuteilen. Neue Drohungen der Schismatiker waren die Antwort. Der Pater hielt es für geraten, um eine militärische Begleitung zu bitten. Sie wurde verweigert, und P. Papadopulos kehrte nach Konstantinopel zurück.
Nach längeren Verhandlungen mit dem neuen Großwesir Bakki Pascha wurde auf Grund der dringenden Bittgesuche, die von den Katholiken in Peramos eintrafen, beschlossen, dass der Pater diesmal geradeswegs dorthin gehe. Die Abreise erfolgte am 19. Februar abends 6 Uhr. Am folgenden Tag abends um 9 Uhr langte P. Papadopulos in Peramos in Begleitung eines mutigen Katholiken an, bei dem er zunächst absteigen wollte.
Kaum waren die beiden vom Pferd gestiegen und ins Haus getreten, als Flintenschüsse knatterten und die Glocken der Kirche ein Alarmzeichen gaben. Sofort sammelte sich eine Bande fanatischer und durch Trinken aufgeregter Schismatiker und nahte heran, um das Haus zu umstellen und gewaltsam zu erstürmen. Ein Katholik, der heranlief, wurde ergriffen, und der Bektschi (Nachtwächter), ein gewalttätiger, schon mehrmals vorbestrafter Mensch, schlug ihm mit einem Ochsenziemer quer übers Gesicht. Trotzdem gelang es dem Katholiken, ins Haus einzudringen. Die Türe wurde rasch verrammelt und widerstand allen Versuchen der Angreifer, sie gewaltsam zu erbrechen.
In ihrer Wut rafften sie Steine auf und warfen die Fenster ein. 60 Scheiben gingen in Stücke. Ein Regen von Scherben flog in die Zimmer und schreckte die kleinen Kinder des Hausherrn aus dem Schlaf auf. Während die einen so die Fenster bombardierten, holten andere einige Kannen Petroleum herbei, um die Haustüre in Brand zu stecken.
P. Papadopulos sandte seinen Gastherrn hinab, um der Rotte mitzuteilen, er (der Pater) wünsche, vor den Mudir (Bürgermeister) geführt zu werden. Kaum war aber die Türe geöffnet, als der Hausherr ergriffen, auf den Boden geworfen und misshandelt wurde. In diesem Augenblick erschien der Mudir, entschlossen, den Hausfriedensbruch zu verhindern. Er und seine beiden Schutzleute, die einzige Macht, über die er verfügte, wurde zurückgestoßen unter dem Ruf: ‚Macht, dass ihr fortkommt; ihr habt hier nichts verloren; hier sind wir Meister.‘
Der Mudir zog unverrichteter Dinge ab. Inzwischen stießen einige der Rasenden den armen Hausherrn unter Stößen und Schlägen vor sich her und brachten ihn ins Gefängnis, ein schmutziges Loch, das dem Pferd des Mudirs nebenher als Stall diente. Die übrigen drangen mittlerweile ins Haus. Der Pater, der im ersten Stockwerk sich befand, forderte den Katholiken, der ihn begleitet hatte, auf, mit ihm niederzuknien und zu beten. Brüllend und schreckliche Flüche ausstoßend, stürzten sich die Einbrecher auf ihre Opfer, warfen sie zu Boden und bearbeiteten sie mit den Füßen und den Steinen, die sie als Waffe mitgebracht. Einer wollte den Katholiken in den Hals beißen. Als dieser abwehrend seine Hand emporhob, biss ihm sein Bedränger das Ende eines Fingers ab. Darauf wurde auch er ins Gefängnis abgeführt.
Die ganze Wut der wilden Rotte richtete sich jetzt gegen den Pater, der mit Steinen beworfen wurde und in den Rücken, auf die Schultern und die Brust heftige Schläge erhielt. Von seiner Kopfwunde strömte das Blut auf seine Kleider herab. An den Haaren (die griechischen Priester tragen sehr langes Lockenhaar) und am Barte wurde er über die Treppe geschleift. Man fand nachher auf dem Wege ganze Büschel liegen. So schleppte man den wehrlosen Priester bis zur Landungsstelle am Meer, etwa 150-200 m weit. Auf diesem Leidensweg betete der Pater mit seinem göttlichen Meister für seine Peiniger.
Frauen und Kinder, die von den Haustüren aus dem traurigen Schauspiel zusahen, vergossen Tränen des Mitleids. Am Meer angelangt, machten die rohen Menschen Miene, den Priester zu ertränken. Er merkte ihre Absicht und sagte bloß: ‚Tut, was ihr wollt.‘ Einige anwesende anständigere Leute verhinderten das Verbrechen. So wurde das Opfer in eine Barke geworfen. Ein Schutzmann nahm darin Platz und man fuhr nach Panderma hinüber, das am Festlandufer des Golfes, 1 1/2 Stunden von Peramos entfernt, liegt.
Gegen Mitternacht langte man dort an. Hier wurde dem armen Pater im Pfarrhaus des armenisch-katholischen Priesters Muradian die Pflege zuteil, die sein bejammernswerter Zustand erforderte. Im Augenblick, da ich dies schreibe, liegt er noch immer mit starken inneren Schmerzen danieder (Einige Tage später konnte jedoch der Pater wieder selbst schreiben).
Am Tag nach den erzählten Vorgängen sandte der Kaimakam von Panderma einen von mehreren Schutzleuten begleiteten Offizier nach Peramos zur Untersuchung. Man konstatierte die angerichtete Verwüstung und setzte die beiden Katholiken nach einem kurzen Verhör in Freiheit.
Fünf der schuldigsten Radaubrüder wurden nach Panderma geschafft und drei Tage später bis zur Aufnahme des eigentlichen Gerichtsverfahrens nach Peramos zurückgeschickt.
Der Fanatismus ist keineswegs erloschen. Die Katholiken sind ernstlich in Gefahr, ausgehungert zu werden. Man hat ein Verbot erlassen, mit ihnen zu sprechen, ihnen Arbeit zu geben, ihnen irgendetwas zu verkaufen oder eine Barke zu leihen, alles dies unter Androhung von Geldstrafen und Exkommunikation im Übertretungsfall.
„Hier haben Sie ein Beispiel, fügt P. Theophistos hinzu, „mit welch fanatischen Gegnern der katholische Priester und das Unionswerk es hier zu tun hat. Wir hoffen, dass die Regierung uns Gerechtigkeit verschaffen und es uns trotz aller Gegnerschaft der Schismatiker ermöglichen wird, unser angefangenes Werk in Peramos siegreich zu Ende zu führen.“
Mann kann gespannt sein, wie sich die Dinge nun weiterentwickeln werden. Jedenfalls verdienen die Katholiken von Peramos, die bisher, wie es scheint, so treu standgehalten, unsere aufrichtige und tätige Teilnahme.
(Aus: die katholischen Missionen, 1910)