(...)Bei den diesjährigen Erstkommunikanten war auch der schneeweiße Xaver dabei. Wir hatten uns beinahe nicht getraut, ihn zuzulassen, da wir fürchteten, mit seinem 90-jährigen Gedächtnis und seiner langsamen Fassungskraft möchte er den großen Akt nicht genug verstehen; allein als es zum Examen ging, wusste er überraschend viel, und sein Verlangen war sehr groß.
Seither klettert zwei bis drei Mal im Monat den steilen Berg herab, auf dem er wohnt, und ist einer der ersten in der Frühe beim Beichten. Vor drei Wochen saß er draußen auf dem Boden neben der Kirche, und als ihn die einheimische Schwester fragte, ob es nicht Zeit sei, hineinzugehen zur Vorbereitung, der Priester werde bald kommen, sagte er ganz freudig: „Heute kann ich einmal nicht beichten gehen, ich habe mich so zusammengenommen, dass ich den lieben Gott gar nicht beleidigt habe seit meiner letzten Beichte.“ – Als ich dies hörte, dachte ich mir, wenn ich nur auch so sagen könnte! Als ich ihn ein anderes Mal fragte, warum er denn gar so eifrig sei in Kirchenbesuch und Sakramentsempfang, sagte er: „Ja, weißt du, ich bin jetzt so alt, erst so kurz getauft und weiß nicht, welchen Tag ich sterbe, so will ich mir nur meinen Jesus geneigt machen, dass er mir einen Platz gibt dort oben bei ihm“.
Was für eine Lehre für manchen im Christentum Geborenen und Erzogenen!
(Aus: Annalen der Verbreitung des Glaubens, 1906)