Msgr. Puginier, der apostolische Vikar von West-Tonking (Nordvietnam), der uns im Lauf dieses Jahres schon so viele traurige Nachrichten über die durch den letzten Krieg (französisch-chinesischer Krieg) veranlasste Christenverfolgung zu berichten hatte, teilt uns in dem folgenden, aus Hanoi den 22. Mai datierten Brief die grausame Ermordung eines eingeborenen Priesters namens Cap mit.
„Meine Befürchtungen über das Schicksal des eingeborenen Priesters, der letzte Ostern in Gefangenschaft fiel, haben sich leider erfüllt: er wurde auf eine grässliche Art ermordet. Sobald die Friedensverhandlungen eröffnet waren, versuchte ich seine Freilassung durch Geld zu bewirken; auch bat ich den General Brière de l’Isle, sich in dieser Sache schriftlich an den Obermandarin zu wenden.
Eben war der Bote mit dem Brief fort, als ich von P. Richard aus Son-Tay folgendes Telegramm erhielt: ‚Pfarrer Cap von den Chinesen ermordet‘. Zwei Tage später brachte mir ein Brief desselben Paters die nachstehenden Einzelheiten über die Hinrichtung.
Man hatte den Priester nach seiner Gefangennahme der Reihe nach in fünf oder sechs von den Chinesen besetzte Festungen geschleppt. Trotz seines vorgeschrittenen Alters von 60 Jahren und seiner Schwäche, der Folge vieler Fieberanfälle und mühseliger Arbeit in einer ungesunden Gegend, und trotz seiner weißen Haare hatte man ihm den Kang (eine Art Holzrahmen als Fessel) um den Hals befestigt und er musste dieses Marterholz Tag und Nacht selbst auf seinen Reisen tragen.
Endlich führte man ihn nach einer bedeutenden Festung, welche drei Tagreisen von Hunghoa am Ufer des Roten Flusses liegt und welche das Generalquartier des chinesischen Oberfeldherrn bildete. Der Priester hatte bis dahin ein kleines Kruzifix, welches er auf der Brust trug, bewahren können.
Als die Chinesen es bemerkten und fragten, wen das vorstelle, antwortete er: ‚Das ist mein Herr und ebenso gut der eure!‘ Da wurde er auf Befehl des Anführers, den Kopf nach unten und die Füße nach oben, lebendig begraben.
Von den Knien an ragten seine Beine aus der Erde hervor und man befestigte an denselben eine chinesische Inschrift, die also lautete: ‚So sollen die Jünger der falschen Religion bestraft werden.‘
Am 6. Januar 1871 hatte ich Cap zum Priester geweiht und ihn als Vikar in die Pfarrei Dice-Phong geschickt, welche die Provinz Kiong-hoa und einen Teil von Son-Tay umfasst. Die Zahl der Christen dieser Gemeinde beträgt nur etwa 1.800 Seelen, aber sie leben in 17 sehr weit auseinander gelegenen Dörfern zerstreut.
Am 6. Januar 1871 hatte ich Cap zum Priester geweiht und ihn als Vikar in die Pfarrei Dice-Phong geschickt, welche die Provinz Kiong-hoa und einen Teil von Son-Tay umfasst. Die Zahl der Christen dieser Gemeinde beträgt nur etwa 1.800 Seelen, aber sie leben in 17 sehr weit auseinander gelegenen Dörfern zerstreut.
Es bedarf einer starken Tagesreise, die Pfarrei von Nord nach Süd oder von Ost nach West zu durchwandern; dazu liegen sechs Dörfer im Gebirge und sind nur auf schlechten und steilen Pfaden zugänglich; kurz, die Pfarrei ist eine ebenso mühselige wie ungesunde.
Der Priester hatte immer mit den Einwirkungen des Klimas zu kämpfen; die 14 Jahre, welche er dort zuerst als Vikar und dann als Pfarrer arbeitete, verging auch keine Woche, in welcher er nicht einen und manchmal drei bis vier Fieberanfälle gehabt hätte. Sein Eifer, den Christen im Todeskampfe beizustehen, war ein leuchtendes Beispiel.
Wie oft wurde er bei strömendem Regen mitten in einem Fieberanfall sieben bis acht Stunden weit auf schlechten Wegen zu irgendeinem Kranken gerufen! Ohne Klage, ohne Rücksicht auf seinen leidenden Zustand oder auf die Länge und Beschaffenheit des Weges ließ er sich in sein Tragnetz (wie eine Trage, nur mit einem Netz als Liegefläche; denkbar unbequem) packen und fort ging’s durch Nacht und schlechtes Wetter, während ihn unterwegs das Fieber schüttelte.
Wohl hundertmal kamen in seinem priesterlichen Leben solche Fälle vor. Als ich von seiner Gefangennahme hörte, war mir freilich der Verlust eines solchen Priesters schmerzlich; noch mehr schmerzte mich aber der Gedanke, dass er, welcher den Gläubigen mit so großem Eifer im Todeskampf beistand, an seinem Lebensende des Trostes der heiligen Sakramente beraubt sein sollte.
Doch freute ich mich beim Empfang der obigen Mitteilungen, welche ich zwar noch nicht eingehend prüfen konnte, in der Überzeugung, dass der Herr in seiner mildreichen Barmherzigkeit dem Sterbenden gewiss mit außerordentlichen Gnaden beistand und ihn für die Entbehrung der heiligen Sakramente reichlich entschädigte.
Sobald ich neue Einzelheiten erfahre, werde ich sie Ihnen mitteilen; inzwischen empfehle ich mich und meine so schwer geprüfte Mission Ihren Gebeten und den Gebeten Ihrer frommen Leser.“
(Aus: die katholischen Missionen, 1885)